Unmögliches möglich machen
Die einzige Möglichkeit, eine konstante Temperatur UND eine konstante relative Luftfeuchte (denn die ist ja temperaturabhängig) in einem geschlossenen Volumen zu erzeugen und das auch noch unabhängig von der Umgebungsfeuchte und Umgebungstemperatur, ist der Einsatz drei getrennter Regelkreise, die voneinander unabhängig sind.
1. Kühlung und Heizung
2. Befeuchtung
3. Entfeuchtung
Der Haken: In all diesen Zigarrenkühlschränken ist die Kühlung mit der Entfeuchtung gekoppelt. Wird gekühlt, so wird auch zwangsweise entfeuchtet. Das lässt sich nicht abstellen.
So lange der Effekt der Entfeuchtung durch Kondensatbildung überwiegt ist noch alles in Ordnung. Dann kann der Befeuchter (vorausgesetzt es ist überhaupt ein richtiger Befeuchter mit Regelung verbaut und nicht einfach nur eine Schüssel mit Wasser eingestellt) nachbefeuchten und man erhält tatsächlich zunächst die gewünschten Werte. Sobald die Kühlung abschaltet und der Befeuchter die verloren gegangene Luftfeuchte ausgeglichen hat, ist die gewünschte Luftfeuchte erreicht. Problem: Das Kondenswasser auf dem Wärmetauscher beginnt nun zu verdunsten und zwar unkontrolliert. Teilweise haben diese Zigarrenkühlschränke eine doppelte Rückwand mit einem eingesetzten Lüfter und dieser quirlt nun nicht nur die Kälte, sondern blöderweise auch die Luft über die nasse Wärmetauscherplatte, wodurch die Verdunstung des Kondenswassers noch verstärkt wird. Die Folge ist ein unkontrollierter Anstieg der Luftfeuchte.
Das ist das Kernproblem: Die systematische Überfeuchtung aufgrund schwankender Umgebungsbedingungen (Temperatur und Feuchtigkeit) und aufgrund fehlender Trennung der Regelkreise.
Und nun ist die Frage, wie die Hersteller auf das Problem der ansteigenden Luftfeuchtigkeit reagieren.
Die ganz billigen Klimaschränke machen – gar nichts. Das Problem existiert – fertig.
Manche Hersteller behelfen sich damit, dass bei einem zu hohen Anstieg der Luftfeuchte die Luft aus dem Humidor gesaugt wird. Wird Luft aus dem Humidor gesaugt, so muss sie auch wieder nachströmen und zwar von außen. So lange im Winter bei trockener Heizungsluft die Umgebungsfeuchte gering genug ist kann das tatsächlich funktionieren.
Aber wehe die Luftfeuchte und/oder die Temperatur in der Umgebung ist zu hoch. Dann wird die Luft von außen angesaugt, abgekühlt, dadurch steigt die Luftfeuchte wieder und das Problem bleibt weiterhin bestehen. Ein Hersteller, der dieses Konzept verfolgt, hat einen ganz wesentlichen Aspekt der Zigarrenlagerung nicht verstanden. Je mehr Frischluft die Zigarre umgibt, desto schneller verliert Sie ihr Aroma und Bouquet. Der hohe Luftdurchsatz saugt förmlich die Aromen aus den Zigarren, weshalb dieses Konzept ein kompletter Rohrkrepierer ist.
Die dritte Möglichkeit: Das System misst die Temperatur und die Luftfeuchte. Primär wird der Fokus auf die Luftfeuchte gelegt. Soll heißen: Wenn durch das Kühlen die relative Luftfeuchte den gewünschten Zielwert nicht erreichen kann, dann wird die Kühlung eben einfach abgeschaltet. Im Display sieht man zwar die eingestellte Zieltemperatur von 18°C, die Kühlung stoppt und tatsächlich sind im Humidor 23°C. Kein Witz. Selbst gesehen. Bei einem Klimaschrank für € 2.200 Euro. Da schau an. Schummelsoftware kannten wir bislang nur von unseren Autobauern… Aber immerhin verrotten die Zigarren in so einem Humidor nicht. Andererseits muss man sich fragen, weshalb man Geld für so ein System ausgibt, wenn es gar nicht die Funktion mit sich bringt, welche eigentlich die Kaufentscheidung beeinflusst hat.
Was ist die Ursache?
Wie bereits zu Beginn erwähnt - de facto alle am Markt erhältlichen Zigarrenkühlschränke sind nichts anderes als umgewidmete Weintemperierschränke mit Ablagen für Zigarren. Bestenfalls unten noch einen Befeuchter reingestellt (natürlich ohne dediziertes Luftleitsystem) und dann nennt man das Humidor. Das sieht man daran, dass sich einige Hersteller noch nicht mal die Mühe machen, separate Bilder anzufertigen und in der Produktübersicht des „Humidors“ Bilder des Schrankes mit Weinflaschen zeigen.